Im 19. Jahrhundert wuchs die Bevölkerungszahl im Berliner Gebiet rasant an. Um die wachsende Bevölkerung auch kirchlich betreuen zu können, mussten neue Gemeinden gegründet werden. Die im alten Berlin gelegene, auch für die Stralauer Vorstadt zuständige St. Georgen-Gemeinde war in der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts auf 80.000 Mitglieder angewachsen, eine nicht mehr handhabbare Größe. 


1854/55 wurden aus ihr daher drei Gemeinden ausgegründet, darunter die St. Andreas-Gemeinde und die St. Markus-Gemeinde. Der weitere Bevölkerungsanstieg in den folgenden Jahrzehnten machte knapp vierzig Jahre später weitere Gemeindegründungen erforderlich. 1896 wurden aus der St. Markus-Gemeinde wiederum drei neue Gemeinden ausgegründet; zu ihnen gehörte auch die Lazarus-Gemeinde.


Das stete Wachstum der Gemeinden war allerdings nicht von Dauer. Nach dem 2. Weltkrieg und in der Zeit der DDR gingen die Gemeindegliederzahlen kontinuierlich zurück, ein Trend, der bis heute anhält. Dies hatte zur Folge, dass es statt Gemeindeneugründungen nun Gemeindefusionen gab. Die St. Markus-Gemeinde, die durch die Kriegszerstörungen nicht nur ihre Kirche, sondern auch ihren Gemeindesaal verloren hatte, zog zunächst als Gast mit in den verbliebenen Kirchsaal der St. Andreas-Gemeinde ein und fusionierte 1965 mit ihr zur Kirchengemeinde St. Andreas-St. Markus (ab Oktober 2000 nur noch St. Andreas). 2006 fusionierten dann die Kirchengemeinden St. Andreas und Lazarus zur heutigen Kirchengemeinde St. Markus, die heute erneut vor der Frage einer Fusion mit der Nachbargemeinde Boxhagen-Stralau steht.


Eine ausführliche Geschichte der Gemeinden St. Andreas und Lazarus finden Sie in zwei Broschüren zum 150- bzw. 110-jährigem Bestehen der Gemeinden hier. Und nachstehend einiges zu den im 2. Weltkrieg und unmittelbar danach zerstörten Kirchen der drei Gemeinden St. Markus, St. Andreas und Lazarus.

ST. MARKUS-KIRCHE

Die St. Markus-Kirche war von bemerkenswerter und für Berliner Verhältnisse ungewöhnlicher Erscheinung. Die Architektur folgte dem Stil der oberitalienischen Frührenaissance. Kuppel und flachgedeckter Turm – beide nach dem Vorbild des Florentiner Doms „Bramantes“ gestaltet – gaben dem achteckigen Zentralbau besondere Wirkung. Flache Lisenen gliederten den Außenbau vertikal, dunkle Ziegelstreifen im rötlichen Backstein-Mauerwerk horizontal. Die hohen Rundbogenfenster mit Florentiner Maßwerk komplettierten das italienische Stilbild des 15. Jahrhunderts. Details wie die kleinen Säulengalerien unter der Kuppel und an der Chorapsis sowie die Kapitelle entsprachen hingegen romanischen Vorbildern. Acht Sandsteinsäulen mit Rundbögen trennten den Umgang vom Mittelbau. 

An der kostbaren Innenausstattung sind zu erwähnen der vom König gestiftete Altartisch aus Carrara-Marmor, der Fußboden im Altarraum aus schwarzem belgischem Marmor sowie die Wandmalereien. 

Demselben Bombenangriff wie die St. Andreas-Kirche fiel auch die St. Markus-Kirche zum Opfer. Erst 1957 musste die Ruine im Zuge der Neugestaltung des Strausberger Platzes weichen.

ST. ANDREAS-KIRCHE

Die St. Andreas-Kirche war eine schlichte, dreischiffige Backstein-Basilika im Rundbogenstil. Der kubische und ruhig gelagerte Baukörper mit den sehr flachen Dächern entsprach den Idealen der Berliner Bauschule in der Schinkel-Nachfolge. Fünf Fensterachsen gliederten die hohen Seitenschiffe. An der Front stand für die Nebeneingänge und Treppen ein kurzes Querhaus. Dessen Mitte nahm der unten rechteckige, nach oben hin erst quadratische und zuletzt achteckige Turm mit spitzem Helm ein. Eine Halbkuppel überwölbte die halbrunde und fensterlose Apsis. 

Die die Emporen tragenden Arkadenpfeiler im Innern waren aus Sandstein gefertigt. Die ursprünglich nüchterne Innenausstattung erhielt um die Jahrhundertwende repräsentativeren Charakter durch die Neugestaltung von Kanzel, Taufe und Altar sowie der Fenster- und Wandbemalung. 

Der Namenswahl war eine Ehrerweisung an den russischen Zaren Nikolaus I., den Ehemann der preußischen Prinzessin Charlotte von Preußen: der Apostel Andreas galt als Schutzpatron Russlands. 

Bei einem Luftangriff brannte die Kirche vollständig aus; nur die Außenmauern und der Turm blieben stehen. Die Sprengung erfolgte 1949.

LAZARUSKIRCHE

Die neugotische Lazaruskirche, eine Backsteinkirche, nach Plänen des Potsdamer Baurates Friedrich Wilhelm Wever erbaut, besaß einen eigenwillig gestalteten Turm, dessen trutziger Fassade zur Straße hin eine schmuckreiche weiße Terrakotta-Vorhalle angefügt war. Bemerkenswert an der Außengestaltung waren zudem die großen Rosettenfenster an den Seiten, die vermutlich größten ihrer Art in Berlin. Das Innere der Kirche wirkte nicht wie ein Neubau, sondern mit roten Marmorsäulen und neugotischen Kreuz- und Sterngewölben "geschichtlich geworden". Der Kirchenraum war reich geschmückt, u.a. mit Reliefs zu biblischen Szenen an den Emporen und Skulpturen an den Kapitellen. Reiche Schnitzereien zierten Altar und Kanzel. Bewunderung fanden die Malereien der Altarfenster. Der Sakralbau - im Herbst 1944 bereits beschädigt und seitdem unbenutzbar - wurde während eines Luftangriffes am 13. April 1945 von Bomben schwer getroffen und brannte völlig aus. Der "Dom des Ostens", wie die Lazaruskirche auch genannt wurde, war nur noch eine Ruine, die am 10. September 1949 gesprengt wurde - nur 44 Jahre nach der Grundsteinlegung

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